Freitag, 7. August 2009

Tour de Suisse - 8. und abrupt letzter Tag - Innertkirchen - Pleidelsheim (20km) [406 km]

Die 20 km sind natürlich wieder nur reine Radfahrstrecke. Aber beginnen wir mal von vorne:
Es regnete und laut Wetterbericht sollte das noch mindestens 1 - 2 Tage, je nach Region, so weitergehen. Ich packte erst mal meine Sachen zusammen, fuhr Richtung Meiringen. Aber nach der 2. Serpentine bergauf - glücklicherweise direkt am Osteingang der Aareschlucht gelegen - überlegte ich es mir anders und fragte, wo der Zug denn nach Meiringen losfahren würde. In Innertkirchen. Toll :-( Also alles zurück. Zum Glück ging es ja nun bergab. Die Bahn hatte leider 3 Stufen und mein Gepäck war fest am Rad montiert. Vor meinem geistigen Auge sah ich den Zug schon entschwinden, als unerwartet der Zugführer aus seiner Kanzel stieg und mir einfach das Rad hinaufhob. Ich war echt baff. Und die Mitnahme des Rades war sogar kostenlos. Wieder so ein ungewohnter Service! In Meiringen hob er mir das Rad auch wieder aus dem Zug und zeigte mir, wo die Bahn nach Giswil losfuhr. Ich löste ein Ticket und wurde schon im Vorfeld von Bahnmitarbeitern gefragt, wo ich hin möchte. Als der Zug einfuhr, trugen 2 Mitarbeiter mein vollbepacktes Rad in das Veloabteil. Nochmals vielen Dank für diesen tollen Service! Die Bahn nennt sich *Golden Pass Panorama Line* und führt von Interlaken über Meiringen über den Brüningpass, den Lungern-, Sarnen- und Alpnacher bis zum Vierwaldstätter See nach Luzern. Mein Ziel war Giswil, dessen Bahnsteig sehr abenteuerlich anmutete. Diesmal ging alles ohne fremde Hilfe ab, ich trug Rad und Gepäck seperat aus dem Zug und fand mich quasi zwischen zwei Zügen wieder - aber das war dort der normale (sehr schmale) Bahnsteig (in Deutschland mit Sicherheit nicht zulässig *g*). Nachdem ich die Taschen wieder befestigt hatte, fragte ich an einem Kiosk nach dem Weg nach Sarnen und erhielt eine falsche Richtungsauskunft. Weil ich mir aber sicher war, dass es nicht noch über einen Pass gehen würde, erkundigte ich mich bei einem KfZ-Mechaniker, der mir dann einen Geheimtipp und eine Abkürzung zum Radweg zeigte, der zum Glück der richtige war und wie erwartet in die genau entgegengesetzte Richtung führte. Vorher kaufte ich noch mal schnell was Essbares ein. Auf der Strecke nach Luzern setzte aber so ein starker Regen mit Gegenwind ein, dass meine Regenkleidung, die ich vorsorglich angezogen hatte, diesem Wetter nicht mehr stand hielt. Ich *soff* im wahrsten Sinne des Wortes ab, selbst meine wasserfesten Schuhe ließen mich im Stich und ich war dementsprechend stinksauer. Denn so hatte ich mir meinen Urlaub dann doch nicht vorgestellt. Meine Reise mit dem Rad sollte eigentlich noch über Luzern, Zug, dem Walensee, Sargans, Altstätten, St. Gallen, Arbon und Konstanz gehen. Aber in diesem Augenblick trat das völlig in den Hintergrund und ich fuhr die letzten Kilometer bei diesem Wetter nach Sarnen, um in den Zug nach Luzern zu steigen. Da ich auf ihn noch 30 min. warten musste, nutzte ich die Gelegenheit, stellte mich samt meinem Drahtesel unter die Unterführung und zog mich erst einmal um. Die Socken konnte ich auswringen, so nass waren sie. Ging es halt sockenlos, aber dafür etwas trockener weiter. Da auch in Luzern der Regen nicht spürbar schwächer wurde, entschloss ich mich schweren Herzens, die Reise abzubrechen. Ich kaufte mir ein Ticket über Zürich nach Romanshorn. Dank der perfekten Ausschilderung konnte ich in den mir verbleibenden 10 min. den Zug besteigen, das Rad befestigen. Auch in Zürich: problemloser Umstieg in allerkürzester Zeit (PS: Seeehr geräumige Lifte auf die Bahnsteige) und weiter ging es nach Romanshorn. Dort angekommen fuhr ich zum Hafen, stieg in die Fähre nach Friedrichshafen. Schnell noch die letzten Schweizer Franken in schmackhafte Wiener mit Senf investiert und schon hieß es: Adé du schöne Schweiz! So schnell wollte ich dich eigentlich nicht verlassen.

Ein großer Dank gilt allen netten Menschen, die meine Wege kreuzten und ein riesiges Kompliment an die Schweizer Bahn, den Postbus und die Schiffflotte auf dem Neuchâteler und Genfer See.

In Friedrichshafen wurde ich sofort in die deutsche Realität zurückgeholt. Eine Dame am DB-Schalter fühlte sich nicht in der Lage, mir meinen Reisegutschein in ein Ticket umzuwandeln. Servicewüste Deutschland! Auch erfuhr ich erst hier, dass es in Friedrichshafen 2 Bahnhöfe gibt und ich erst zum Stadtbahnhof radeln muss und den gewählten Zug dadurch natürlich nicht erreichen würde. Nächster Minuspunkt: kein Lift, keine Rampe. Also wieder einmal unter den neugierigen Blicken von nicht helfen wollenden Menschen das Gepäck samt Rad auf den Bahnsteig hieven. Wenigstens der Zug war eine Niederflurbahn, allerdings die dortige Zugbegleiterin sehr unhöflich. (Sie erinnerte mich in ihrem Outfit eher an eine Aufseherin *g*) Auch sprach sie ihre Durchsagen im breitesten Dialekt, was einige Lacher im Abteil verursachte. Ein ausländischer Tourist hätte wohl so seine Not gehabt. In Ulm musste ich noch einmal umsteigen - dort halfen mir 4 hilfsbereite Kinder aus einem Stuttgarter Feriencamp, weil es auch hier keinen Lift gab. Und gegen 21.30 Uhr war ich dann auf dem Stuttgartert Hbf. angelangt, stieg in den Lift, der mich zur S-Bahn nach Freiberg bringen sollte. Dort angekommen begann die gefährlichste Strecke: die unbeleuchtete Hauptstraße nach Hause *g*. Ja, hier hatte ich echt Angst, mir könnte so kurz vor Urlaubsende noch etwas passieren. Die entgegegenkommenden Autos blendeten mit ihren Scheinwerfern und ich sah so gut wie nichts.

1267 km mit Rad, Bahn, Schiff und Postbus (die Schweizer sagen ja Postauto dazu) in gerade einmal 8 Tagen - das kann sich sehen lassen. 502 km davon fuhr ich mit dem Rad, 7 Übernachtungen auf Schweizer Campingplätzen, 2 Fahrten mit dem Schiff, 6 Zugfahrten, 1 mit dem Postauto und 2 Zugfahrten innerhalb von Deutschland, mindestens 20 0,3 l-Flaschen Cola light, 8 große Flaschen Ovomaltine, 7 Nussgipflis, 7 x Essen kochen, 7 x Zelt auf- und wieder abbauen...., viel Natur: Flüsse, Kanäle, Seen, Bäche, Berge, unzählige Tiere (sogar 2 Schlangen und sehr viele Salamander) kreuzten meinen Weg, 1000 Fotos wurden gemacht (weniger als sonst so bei mir üblich).

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